Können Hunde vegan ernährt werden?

Author picture Silke  - aktualisiert: 09/04/2020

 

 

Können Hunde vegan leben?

 

Im Zuge einer stetig wachsenden Bevölkerung erleben wir einen Trend hin zu einem nachhaltigeren Lebensstil. Und in Zeiten von COVID-19 überdenken viele Menschen ihren Umgang mit Umwelt und Tieren. Die Ernährung spielt dabei eine wesentliche Rolle. 

 

Da immer mehr Menschen einem veganen Lebensstil folgen, gewinnt auch pflanzliches Hundefutter an Beliebtheit. 

 

Der Hund aber stammt doch vom Wolf ab, welcher als Fleischfresser gilt. Vor diesem Hintergrund fragen sich viele von uns, ob eine pflanzliche Ernährung für Hunde gesund ist. 

 

Interview mit einer Expertin zum Thema Veganes Hundefutter: 

 

Wir haben mit Leni Lecker - der Gründerin von Vegan4Dogs - gesprochen, um mehr über pflanzenbasiertes Hundefutter zu erfahren: 

 

  1. Vegan4Dogs wurde 2014 gegründet. Kannst Du uns mehr darüber erzählen, wie die Idee zur Herstellung von veganem Hundefutter entstanden ist? 

 

Im Dezember 2012 kam Edgar vom Falkenberg, unser schwarzer Labrador-Schäferhund-Mischling, genannt Eddie, aus dem Tierheim Berlin zu uns. Ich selbst lebe seit August 2012 vegan und habe aus Neugier recherchiert, ob man Hunde ebenfalls pflanzenbasiert füttern kann. In meiner Recherche habe ich herausgefunden, dass der Hund kein Fleischfresser ist, sondern ein Allesfresser.

 

Die damaligen veganen Fertigfutter haben weder Eddie noch uns überzeugt, und weil ich eine besondere Leidenschaft fürs Kochen habe und auch genau wissen möchte was im Futter drin ist, wollte ich gerne für Eddie selbst kochen.

Zum Selberkochen ist ein Supplement nötig, welches z.B. Vitamin B12 und D zuführt. Das einzige Produkt dafür auf dem Markt kam aus den USA, war immer schwer verfügbar, und hat unseren Vorstellungen nicht ganz entsprochen. Aus Eigenbedarf haben wir dann V-Complete entwickelt, da auch andere Menschen in Deutschland und Europa selber für ihren Hund kochen wollen. Wir wollten gern ein zeitgemäßes Produkt anbieten, was den aktuellen wissenschaftlichen Standards entspricht. Wir haben uns unter anderem von der Veterinärabteilung der FU Berlin beraten lassen, mit einer Tierärztin zusammengearbeitet und die Fachliteratur berücksichtigt.

 

Der Vorteil beim Selberkochen ist, dass jeder Halter den Vorlieben seines Hundes gerecht werden und ein bisschen Abwechslung in den Speiseplan bringen kann. Auch Unverträglichkeiten können so berücksichtigt werden.

 

Da man nicht immer Zeit hat, selbst zu kochen (obwohl sich das Futter auch sehr gut für ein paar Tage im Voraus zubereiten und im Kühlschrank aufbewahren  lässt), wollten wir gerne ein Trockenfutter anbieten. Nach einigen Testproduktionen war dann die finale Rezeptur von Greta gefunden. Eddie and Vriends sind natürlich immer die Testesser. Ohne deren OK geht nichts. Die Feinabstimmung von Gewürzen und Nährstoffen ist mir besonders wichtig. Deshalb ist Greta auch für eine umfassende Analyse ins Labor gewandert. Denn ein Futter muss nicht nur gut schmecken, was natürlich auch sehr wichtig ist, sondern auch alle notwendigen Nährstoffe enthalten und verträglich sein.

Vor kurzem kam unser Nassfutter Pauline dazu, welches wir mit viel Geduld und Liebe entwickelt haben. Auch hier waren etliche Versuche in der Küche nötig und manchmal wollten wir schon fast aufgeben, denn bis alle Faktoren wie Konsistenz, Geschmack, Geruch, Aussehen, Nährstoffe und Kackhäufchen meinen Vorstellungen entsprochen haben, hat es doch 2 1/2 Jahre gedauert. So ein Hundefutter ist eben mehr als die Summe der einzelnen Zutaten, denn auch die vielen Experten (tierische wie menschliche) müssen zusammengebracht werden.



  1. Wie empfindest Du die Marktentwicklung von pflanzlichem Hundefutter in Deutschland und global? 

 

Da passiert in letzter Zeit so einiges. Als wir 2014 begonnen haben, waren wir mit V-Complete die Ersten mit einer Nahrungsergänzung für hausgemachtes veganes Hundefutter in Europa. Greta war auch das erste vegane Trocken-Alleinfutter für Hunde von einem veganen Unternehmen aus Deutschland. 

Immer mehr Hundehalter sind aufgeschlossen gegenüber pflanzlicher Kost für Hunde. Damit rückt das Thema auch in den Fokus für andere Hersteller. 

Das Interesse an veganem Hundefutter seitens der Halter ist unter anderem gesundheitlichen Themen geschuldet. Wir haben viele Kunden, deren Hunde tierische Bestandteile nicht vertragen und aus diesem Grund auf pflanzliches Futter angewiesen sind, auch wenn die Halter selbst keine Veganer sind. Trotz alledem sind wir immer noch eine kleine Gruppe interessierter und mutiger Leute, die sich auf diesen Weg gemacht haben, aber jede neue Entwicklung hat mal klein angefangen. Wir sind zuversichtlich, dass unsere Vision ‚Animals Say Yeah!‘ wahr wird.

 

  1. Warum füttern Hundebesitzer ihre Hunde pflanzenbasiert?

 

Da gibt es diverse Gründe. Nummer eins ist: Weil die Liebe zum Tier nicht beim Hund halt macht.

Dann gibt es gesundheitliche Gründe, die eine vegane Ernährung nahe legen, wie z. B. Allergien, aber auch Leishmaniose, wie wir selbst bei Eddie erfahren durften. Nachdem wir ihn aus dem Tierheim geholt hatten, stellte sich nach kurzer Zeit heraus, dass er Leishmaniose hat, eine Krankheit, welche unter anderem offene Wunden und Haarausfall verursacht. Eddie hat von dem geringeren Puringehalt der pflanzlichen Kost profitiert. Sein Hautbild hat sich extrem verbessert, was uns auch viele andere Hundehalter von ihren Hunden bestätigt haben.

Auch der bessere Körpergeruch des Hundes ist ein nicht zu verachtender Grund, seinen Hund vegan zu füttern.

Bei Hunden mit Verstopfungen ist eine vegane Ernährung auch interessant, da durch mehr Ballaststoffe das Stuhlvolumen erhöht ist, die Konsistenz etwas weicher und durch die schnellere Futterpassage im Darm das Kot Absetzen erleichtert wird.

 

  1. Wie habt Ihr die Rezeptur von Euren Hundefutter Produkten kreiert? Arbeitet Ihr mit Experten (Tierärzten und Ernährungswissenschaftlern) zusammen? Und unterstützen diese eine vegane Fütterung?

 

Die Rezepturen haben wir zunächst aufgrund unserer Erfahrungen und Bedürfnisse entwickelt und dann im Anschluss mit den Experten aus dem Bereich Tierernährung abgestimmt. Dabei gilt für mich die Devise bei Nährstoffzusätzen, wie Vitamine und Co: “So viel wie nötig, so wenig wie möglich”. Ich bin hierbei die Expertin aus dem Bereich vegan und meine Berater sind Experten aus dem Bereich konventionelle Tierernährung. Beide Seiten können voneinander lernen. Mir sind zum Beispiel die Zusätze von Carnitin, Taurin und essentiellen Aminosäuren wie Methionin und Tryptophan wichtig, die im konventionellen Bereich nicht unbedingt auf der Agenda stehen. Einige unserer Berater stehen der veganen Ernährung auch eher skeptisch gegenüber. Das finde ich grundsätzlich gut, da so Für und Wider - aufgrund von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrungswerten - erörtert werden können. Aber auch die Skeptiker sehen in einigen Fällen (z. B. gesundheitliche Gründe) eine pflanzliche Kost als vorteilhaft.

 

  1. Welche sind die Hauptzutaten, Vitamine und Mineralien, die veganes Hundefutter enthalten sollte, um unseren Vierbeinern alle notwendigen Nährstoffe zu liefern?

 

Die vegane Hundekost setzt sich ähnlich zusammen wie die menschliche. Die Hauptkomponenten sind Proteinquelle, Kohlenhydratquelle, Gemüse/Obst und Fett. Hunde benötigen mehr Proteine als wir Menschen, da sie einiges mehr an Haaren haben, welche aus Proteinen hergestellt werden. Als Proteinquellen eignen sich Hülsenfrüchte wie Erbsen, Linsen, Bohnen und Kichererbsen. Auch Samen wie Sonnenblumenkerne, Hanfsamen oder Leinsamen liefern Proteine und können gemahlen zum Futter dazugegeben werden. Die Hülsenfrüchte sollten zerkleinert werden, da der Hund eher nicht kaut und die Hülsen sonst geschlossen bleiben und dadurch die Verdauung behindern können. Als Kohlenhydratquelle kann man Nudeln, Couscous, Bulgur oder auch glutenfrei z. B. Reis, Polenta, gebratene Süßkartoffeln und Hirse füttern. Bei Gemüse und Obst sind kaum Grenzen gesetzt. Einige Hunde mögen gerne Süßes wie Bananen oder Frisches wie Gurke. Das verschmäht Eddie aber zum Beispiel. Bei ihm stehen Möhren, Kohlrabi und Rote Beete hoch im Kurs. Was man vermeiden sollte, sind Trauben, Avocado, Knoblauch, Zwiebeln sowie Schokolade.

Weiterhin gehört noch Fett ins Futter, welches essenzielle Fettsäuren liefert und als Energiequelle dient. Fett wird sehr gut verdaut und kann genutzt werden, um das Futter kalorisch aufzuwerten. Besonders eignen sich Rapsöl, Leinöl, Distelöl oder Maiskeimöl. Beim Selberkochen sollte noch ein Supplement wie V-Complete verwendet werden, welches neben dem klassischen Veganer Vitamin B 12 auch Mineralstoffe wie Calcium enthält und Spurenelemente wie Kupfer. Das komplettiert die selbstgemachte Hundemahlzeit. Ein veganes Alleinfutter wie Greta und Pauline enthält bereits alle nötigen Nährstoffe, sodass nichts mehr zugefüttert werden muss.

 

  1. Wir bei Pawshake verbinden Haustiereltern mit liebevollen und erfahrenen lokalen Tiersittern, welche eine großartige Alternative zu lokalen Hundepensionen und Tierhotels darstellen. Wenn unsere Hundesitter eine schnelle und nahrhafte Mahlzeit für ihren Gasthund zubereiten müssten, welches wäre eines Deiner hausgemachten Lieblingsrezepte?

 

Da fällt mir ein leckeres und schnelles Rezept ein. Ergänzt mit V-Complete, um die Mahlzeit abzurunden.

 

Süße Kartoffeln

Mit gebräunten Linsen und Kohlrabi Ecken

1 Tagesportion für einen 15 kg Hund

 

Zutaten

430g gekochte Braune Linsen, z. B. aus der Dose

200g Süßkartoffel

120g Kohlrabi

10g Rapsöl

10g Leinöl

ca. 2g Salz

Kreuzkümmel

Hefeflocken

Bohnenkraut

6g V-Complete

 

Zubereitung

Das Menü ist so schnell wie der Blitz zuzubereiten, wenns mal schneller gehen soll.

 

Der Süßkartoffel aus der Schale helfen, in Scheiben schneiden und im Rapsöl von beiden Seiten bräunen (Öl nicht über den Rauchpunkt erhitzen). Leicht salzen. Jetzt duftet es schon herrlich in der Küche. Ab in den Napf damit und auskühlen lassen. Du darfst auch schon ein Eckchen kosten.

Die Linsen pürieren, ich habe dafür eine Moulinette, eine Gabel tut es aber auch. Wichtig ist, dass die Hülsen dabei aufplatzen, damit die Linsen verdaut werden können. Kreuzkümmel, V-Complete, Hefeflocken, Salz und Leinöl mit den Linsen vermengen. Wenn du Linsen aus der Dose benutzt, schau am besten nach, ob diese schon Salz enthalten.

Sobald die süßen Kartoffeln abgekühlt sind die Linsen mit in den Napf geben. Zuletzt den Kohlrabi schälen und in adrette Dreiecke schneiden.

 

Voilà - schon fertig. Jetzt kann schnabuliert werden.

 

Dieses und andere Rezepte findest du auch auf der Webseite von Vegan4Dogs und vielleicht ist ja gerade jetzt die richtige Zeit, ein paar dieser auszuprobieren oder mal in unserem Online-Shop vorbeizuschauen.



  1. Eine andere beliebte Fütterungsart ist die sogenannte BARF-Ernährung. Was hältst Du von der “Biologisch Artgerechten Rohkost Fütterung” im Vergleich zu einer pflanzenbasierten Fütterung?

 

Der Hund lebt seit ca. 30.000 Jahren mit dem Menschen zusammen und hat sich seit dem an die Ernährung angepasst. So haben Wissenschaftler an der Uni Uppsala 2013 herausgefunden, dass der Hund im Vergleich zum Wolf die Fähigkeit erlangt hat, Stärke zu verdauen. Dadurch ist eine pflanzliche Ernährung durchaus möglich. 

Wenn wir auf die jüngere Vergangenheit zurückschauen, als Fleisch auch für den Menschen noch ein Luxusgut war, haben die Hunde allenfalls die Knochen vom Sonntagsbraten bekommen. Der Hund hat also schon zu dieser Zeit hauptsächlich vegetarisch gelebt. Würde er in der freien Natur leben, würde er kaum ein Schwein, Rind oder sogar Pferd und Strauß erlegen, welche in der konventionellen Fütterung (auch beim Barfen) nicht ungewöhnlich sind. Auf dem Speiseplan würde wohl eher Aas und kleines Getier wie Ratten, welches selbst erlegt werden kann, und die Abfälle vom Menschen stehen. Unterm Strich muss das aber jeder mit seinem eigenen Verständnis und Wissensstand für sich und seinen Hund in Einklang bringen. Für mich persönlich schließt sich BARF deswegen aus, weil die Liebe zum Tier für mich nicht beim Hund halt macht.

 

  1. Kann die Vegane Hundeernährung denn auch Nachteile bergen? Gibt es Fälle, in denen eine pflanzliche Ernährung für Hunde möglicherweise keine gute Idee ist?

 

Natürlich kann es Ausschlusskriterien geben. Wenn es dem Hund nicht schmeckt, sollte man ihn nicht dazu zwingen. Für mich ist die Herausforderung dann, die richtigen Rezepte zu finden, dass es dem Hund schmeckt. 

Es gibt aber auch Krankheiten, die eine vegane Ernährung schwieriger machen, wie z. B. Nierenprobleme. Hier würde ich eine Ernährungsberatung empfehlen, die abgestimmte Rezepte für den jeweiligen Hund erstellt. Auch bei schwangeren oder laktierenden Hündinnen sowie wachsenden Hunden ist eine solche Rationsberechnung sinnvoll, da diese einen erhöhten Nährstoffbedarf haben, der von unseren Produkten nicht abgedeckt wird. Greta, Pauline und V-Complete sind auf den Nährstoffbedarf von ausgewachsenen, gesunden Hunden abgestimmt.

Pflanzenbasierte Ernährungsberatungen bieten z. B. Tierärztin Lisa Walther oder Tierarzt Dr. Romberger an.

 

  1. Was sollte bei der Umstellung von herkömmlichen Hundefutter auf veganes Hundefutter beachtet werden?

 

Es bietet sich an, das neue Futter langsam “einzuschleichen”. Dabei werden immer mehr Anteile des neuen Futters unter das bisherige Futter gemischt und dieses dadurch langsam ersetzt. Der Hund hat somit Zeit, sich körperlich und geschmacklich auf die neue Kost einzustellen. Denn der Hund ist wie der Mensch ein Gewohnheitstier. Ein bisschen Geduld sollte man in einigen Fällen schon mitbringen und nicht sofort aufgeben.

Hilfreich ist auf jeden Fall die eigene positive Einstellung zum Futter. Es macht einen riesen Unterschied, ob ich dem Hund mit Begeisterung sein neues Futter anbiete, oder mit schlechtem Gewissen und Sorge. 

Was dem Hund auch oft Spaß macht, ist sein Futter spielerisch durch einen Futterball kennenzulernen oder es zu suchen. Ich zum Beispiel verstecke gerne mal Eddies Napf in der Wohnung und lasse ihn diesen dann suchen. So wird das Futter zu etwas Besonderem. Und es trainiert zusätzlich seine “Nasenskills”.

Das gemeinsame Fressen mit einem Hundefreund ist natürlich auch immer eine besondere Motivation, ein neues Futter kennenzulernen.

Was viele überrascht, ist die gesteigerte Stuhlmenge im Vergleich zu konventionellem Futter. Auch ist die Konsistenz des Hundekots etwas weicher. Das pendelt sich mit der Zeit aber langsam ein.

 

  1. Welche Zukunftspläne habt Ihr mit Vegan4Dogs? Habt Ihr vor, euer Sortiment zu erweitern? 

 

Ideen haben wir viele. Wir haben aber auch festgestellt, dass es seine Zeit braucht, solche Ideen Wirklichkeit werden zu lassen. Für uns sind das Ergebnis und die Qualität immer wichtiger als eine möglichst schnelle Umsetzung. Lasst euch überraschen.


Hier geht es zum englischen Interview:
 https://vegan4dogs.com/en/interview-with-leni-lecker-about-vegan-dog-nutrition/